11.12.11 – Flüchtende Einkaufswagen

Kann man mit einem Einkaufswagen vom Unfallort flüchten?

Wer eine Verkehrsunfallflucht begeht und dabei gesehen wird bekommt bekanntermaßen eine Menge Ärger. Das Gesetzt sieht Geld- oder Freiheitsstrafe vor, es gibt Punkte in Flensburg und die Fahrerlaubnis kann entzogen werden. Auch die eigene Kraftfahrzeugversicherung kann den Flüchtenden in Regress nehmen. Bekannt ist, dass es eine Unfallflucht darstellt, wenn man mit dem PKW gegen ein anderes Auto  oder einen Zaun o.ä. fährt und danach ohne den Eigentümer zu informieren wegfährt. Was aber passiert, wenn der Einkaufswagen auf dem Parkplatz beim Ein- oder Ausladen gegen ein anderes Fahrzeug rollt?

In der bisherigen überwiegenden Rechtsprechung wurde bislang davon ausgegangen, dass auch derartige Unfälle und ein Nachfolgendes Entfernen eine Unfallflucht darstellt. So wurden Kollisionen zwischen Einkaufswagen, rollbaren Müllcontainern etc. und einem geparktem PKW bislang als Verkehrsunfallflucht geahndet und die Betroffenen verurteilt. Das LG Düsseldorf ist dieser Rechtsprechung nun mit sehr guten Argumenten entgegengetreten und hat einen Angeklagten freigesprochen (Urteil vom 06.05.2011, Az.: 29 Ns 3/11). Der Angeklagte ist zunächst durch das Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt worden, nachdem er sich auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums mit zwei Einkaufswagen zu seinem Fahrzeug begeben hatte.

Beim Ausladen rollte einer der Einkaufswagen dann gegen einen ebenfalls abgeparkten PKW und verursachte bei diesem einen Schaden in Höhe von 1.496,78 €. Obwohl er den Schaden an dem PKW wahrnahm entfernte sich der Angeklagte. Für eine Unfallflucht setzt das Gesetz einen „Unfall im Straßenverkehr“ voraus. Wenn das Gefahrenpotential der beiden Kraftfahrzeuge und der Fortbewegung als solcher in keiner Weise zur Entstehung des Unfalls beigetragen hat, liegt für das LG Düsseldorf ein Unfall im Straßenverkehr nicht vor. Zwar könnte man nach dem Wortlaut des Gesetzes auch den Zusammenprall zweier Fußgänger als „Unfallflucht“ werten, jedoch ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes, dass nur bei einer Beteiligung eines Fahrzeuges die besondere Gefährdung der geschützten Vermögensinteressen des Geschädigten betroffen sind.

Ist eine Gefahr des Straßenverkehrs nicht realisiert worden, darf eine Verurteilung wegen einer Verkehrsunfallflucht also nicht erfolgen. Ob sich eine Gefahr des Straßenverkehrs beim Zusammenstoß realisiert hat, sollte daher spätestens  beim Erhalt eines polizeilichen Schreibens mit anwaltlicher Hilfe geprüft werden.          

Rechtsanwalt Ralf Breywisch
Fachanwalt für Verkehrsrecht

Mitglied Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV