29.08.21 Mietwagen für 110 Tage nach einem Verkehrsunfall

110 Tage Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall
sind angemessen!

Dem Streit nach einem Verkehrsunfall, wer diesen verursacht hat, folgt oft der Streit über die einzelnen Schadenspositionen selbst. Dazu zählt auch die immer wieder streitige Frage, über welchen Zeitraum der Geschädigte eines Verkehrsunfalles einen Mietwagen in Anspruch nehmen darf oder alternativ einen Anspruch auf Nutzungsausfall hat. Hier wird von den Versicherern immer gern behauptet, der Geschädigte dürfte maximal einen Anspruch von 14 Tagen geltend machen. Dies ist falsch. Tatsächlich kommt es darauf an, wie lange die Reparatur oder die Ersatzbeschaffung tatsächlich dauert. Dies kann bedeuten, dass ein Mietwagen auch nur für 5 oder auch 10 Tage in Anspruch genommen werden darf oder auch, dass durchaus ein längerer Zeitraum als 14 Tage zu erstatten ist. Das OLG Dresden hat mit Urteil vom 17.06.21, Az.: 18 U 313/21, über einen Nutzungsausfall von 110 Tagen zu entscheiden. In dem Fall hatte die gewerbliche Geschädigte einen Ersatzwagen angemietet und der Versicherung mitgeteilt, dass ein vergleichbares, gebrauchtes Ersatzfahrzeug nicht zu beschaffen ist und nunmehr ein Neufahrzeug bestellt worden ist. Da sich die Auslieferung noch hinziehen würde, wurde diese zur Zwischenfinanzierung aufgefordert. Hierauf reagierte die Versicherung nicht. Nach 110 Tagen konnte die Klägerin dann den Mietwagen zurückgegeben, nachdem das Neufahrzeug ausgeliefert und zugelassen werden konnte. Die Versicherung zahlte nur einen geringen Teil der Mietwagenkosten und wandte ein, die Geschädigte hätte einen Kredit aufnehmen müssen und außerdem hätte sie auch zumutbar ein minderwertiges Fahrzeug erwerben können. Dies sah das OLG anders. Es sprach der Geschädigten vielmehr die gesamte Ausfallzeit von 110 Tagen zu. Es nahm lediglich einen Abschlag bei der Höhe der Mietwagenkosten von 10 % vor, da es die Auffassung vertrat, die Klägerin hätte sich vorher auch noch nach preiswerteren Autovermietern erkundigen müssen. Das Gericht stellte gleichfalls klar, dass die gewerbliche Geschädigte ein Wahlrecht zwischen Mietwagen- und Vorhaltekosten habe. Auch bestünde eine Pflicht zur Kreditaufnahme für die Anschaffung eines Interimsfahrzeug nur unter besonderen Bedingungen, welche hier nicht vorlagen. Da es für einen Geschädigten eines Unfalles nicht überschaubar ist, welche Rechte ihm zustehen, darf er anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen, wobei die hier anfallenden Kosten gleichfalls von der Versicherung zu tragen sind, wenn es sich um einen nicht selbst verschuldeten Unfall handelt.

Ralf Breywisch
Rechtsanwalt u.
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Mitglied Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV