29.06.2014 Kein Mitverschulden für Radfahrer ohne Helm

Radfahrer ohne Helm trifft keine Mithaftung für eigene Verletzungen!

Eine Helmpflicht für Radfahrer gibt es in Deutschland nicht. Trotzdem wird in der Rechtsprechung teilweise von den Gerichten eine Mithaftung des Radfahrers angenommen, wenn dieser bei einem Unfall ohne eigenes Verschulden verletzt wird. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Frage hat es bislang nicht gegeben, weshalb die Entscheidung des Bundesgerichthofes vom 17.06.2014 von vielen mit Spannung erwartet wurde. In dem Rechtstreit ging es um eine Radfahrerin, welche 2011 mit ihrem Fahrrad innerstädtisch unterwegs war und hierbei keinen Helm trug. Am rechten Fahrbahnrand parkte ein Auto aus dem die Fahrerin aussteigen wollte und hierbei die Radfahrerin übersah. Diese fuhr gegen die geöffnete Tür und stürzte. Sie fiel auf den Hinterkopf und zog sich eine schwere Schädel- Hirnverletzung zu, welche beim Tragen eines Helms nicht in dieser Form und Stärke aufgetreten wäre. Die Radfahrerin hat die PKW-Fahrerin und deren Haftpflichtversicherung auf Schadenersatz in Anspruch genommen. Durch das OLG Schleswig (05.06.2013 Az.: 7 U 11/12) wurde im Berufungsverfahren der Radfahrerin ein Mitverschulden in Höhe von 20 % angelastet, weil sie keinen eigenen Sturzhelm getragen hat und damit Schutzmaßnahmen zu ihrer eigenen Sicherheit unterlassen habe. Dieses Urteil wurde durch den VI. Zivilsenat des BGH´s (17.06.2014 Az.: VI. ZR 281/13) aufgehoben und der Klage der Radfahrerin in vollen Umfang stattgegeben. In der derzeit dazu nur vorliegenden Pressemitteilung wird ausgeführt, dass das Nichtragen eines Fahrradhelms nach Auffassung des Senats nicht zu einer Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens beim Radfahrer führt, da das Tragen eines Schutzhelms nicht vorgeschrieben ist. Zwar könnte ein Mitschulden auch ohne eine solche Pflicht bestehen, wenn das Tragen eines Helms nach dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein zum Schutz erforderlich und zumutbar sei. Dies ist nach Auffassung des Senats jedoch nicht der Fall, da nach Verkehrsbeobachtungen 2011 nur 11 Prozent der Radfahrer innerorts einen Helm trugen. Inwieweit dies bei sportlicher Betätigung anders ist, war in diesem Fall nicht zu entscheiden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass beim Radsportfahrer die Verkehrssitte anders ist und damit ein Mitverschulden dort in Betracht kommt. Bei Unfällen im Straßenverkehr sollte daher immer anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden um die eigenen Ansprüche überprüfen und geltend machen zu können.

Ralf Breywisch
Rechtsanwalt u.
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Mitglied Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV