18.09.16 Muss das Auto nach dem Unfall repariert werden?

Ist für eine fiktive Schadensabrechnung die Vorlage einer Rechnung erforderlich?

Viele Fragen im Zusammenhang eines Verkehrsunfalles kann ein Laie nicht beantworten. Selbst die Juristen sind oftmals uneins. Es sollte daher bei jedem Verkehrsunfall anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden um unter Zugrundelegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung die erforderlichen Schritte für die Schadensregulierung klären zu können. Eine der Fragen, die hierbei immer wieder eine wichtige Rolle spielt, ist die Frage, ob das beschädigte Auto repariert werden darf oder sogar muss. Hierbei muss zunächst festgestellt werden, ob die Reparatur wirtschaftlich sinnvoll ist, wozu ein Sachverständiger hinzugezogen werden muss, wenn vorher die Frage der Haftung geklärt werden konnte. Kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass kein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt kann das Fahrzeug repariert werden. Dies ist jedoch nicht zwingend erforderlich. Der Geschädigte kann im Rahmen seiner Dispositionsfreiheit auch entscheiden, den Schaden nicht oder nur zum Teil zu reparieren und eine sogenannte fiktive Abrechnung auf Basis des Gutachtens vorzunehmen. Dies bedeutet, dass der Geschädigte die Nettoreparaturkosten aus dem Gutachten geltend machen kann. Wird das Auto vollständig und fachgerecht nach den Vorgaben des Sachverständigengutachtens in einer Werkstatt repariert, dann kann der Geschädigte auf Grundlage der Rechnung die Reparaturkosten inclusive der Mehrwertsteuer geltend machen. Leider versuchen die Versicherer immer weiter Kosten zu sparen. Selbst die Gerichte lassen sich manchmal von den Versicherern in die Irre führen. So wird zum Beispiel unter Zitierung der Entscheidung des BGH vom 03.12.2013, Az.: VI ZR 24/13 versucht, den Geschädigten zu einer Vorlage der Reparaturrechnung zu zwingen, um seinen Anspruch bei einer fiktiven Abrechnung durchsetzen zu können, wenn klar ist, das Fahrzeug ist (teil- oder ganz) repariert. Dies ist falsch. Dazu ist der Geschädigte nicht verpflichtet. Die hat beispielhaft auch das Amtsgericht Berlin Mitte (Az.: 104 C 3143/15 vom 17.08.2016) richtig festgestellt. Das Amtsgericht hat sich in seiner Entscheidung mit der BGH Rechtsprechung und dem obigen Urteil zu diesem Thema auseinandergesetzt und festgestellt, dass es weiterhin ausschließlich dem Geschädigten überlassen ist, ob er auch nach einer Reparatur seines Fahrzeugs den Schaden ohne Vorlage einer Rechnung fiktiv abrechnet und nur die Nettoreparaturkosten erhält oder unter Vorlage der Rechnung die Reparaturkosten zzgl. der Mehrwertsteuer begehrt.

Ralf Breywisch
Rechtsanwalt u.
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Mitglied Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV